20.Dreiländergiro

Die Königin besiegt

dreilaender1Nauders:
2008 standen Gerhard und Micha am Start zu ihrem ersten Radmarathon, der kleinen Runde des Dreiländergiros. 5 Jahre später mit vielen tausend Radkilometern mehr in den Beinen kehrten sie zurück, um diesmal die große Schleife, inklusiv der Königin der Alpenpässe: dem Stilfser Joch, zu absolvieren.

Gerhard: „Brustgurt um und streng nach Puls fahren war meine Devise für dieses Rennen. Anders kann man so einen Marathon mit dem Profil nicht stemmen.“

Micha: „Bei der Wettervorhersage (10° und Regen) wär ich wohl nicht gestartet, wenn ich nicht schon alles bezahlt hätte. Naja, das Ziel lautete trotzdem 7 Stunden.“

dreilaender6Abschnitt 1 – Der Start

So standen die beiden, kurz vor Start der großen Runde, um 6.15 Uhr in der Menge der Irren die sich trotz der schlechten Wettervoraussagen für diesen Sonntag aufgemacht hatten, das Jubiläumsrennen des Dreiländergiro zu bestreiten. Aber der Wettergott sollte ein Einsehen haben.
6:30 Startschuss und die Meute setzt sich in Bewegung. Erste Kurve – Tempo aufnehmen – Blinker links und Überholen – Windschatten suchen – immer noch einem schnelleren Vordermann nachspringen. Die erste Stunde war geprägt von großen Pulks, Windschattenschlachten und Tempo machen, bis Micha verlauten liess: „Jetzt darf es dann bergauf gehen, ich hab keine Lust mehr auf Kolonnenspringen.“

dreilaender3Abschnitt 2 – Stilfser Joch

Nach einer ersten rasanten Abfahrt war es dann so weit, die ersten kleinen Kurven und Anstiege zum Stilfser Joch waren da.

Gerhard: „Schalten, Puls im Auge behalten und Micha nicht aus den Augen verlieren, so ging es in Richtung der ersten 48 Kehren des Stilfser Jochs. Ich dachte der Aufstieg würde mir mehr Kraft und Körner rauben, aber ich habe mir anscheinend die knapp 2000 hm gut eingeteilt, so dass ich zwar geschafft, aber noch nicht total am Ende oben am Sattel ankam. Jetzt umziehen, Verpflegung aufnehmen und ran an die Abfahrt. Micha war mittlerweile nach vorne enteilt und ich konnte mein eigenes Rennen bestreiten.“

Micha: „Beeindruckend. Ab etwa Kehre Nummer 22 kann man den Steilhang und den Gipfel sehen. Das ganze im strahlenden Sonnenschein: Perfekt! Immer mal wieder den Blick auf den Pulsmesser, bloß nicht überziehen! Dann flutscht mir doch glatt ein Gel aus der Hand. Mist! Alles klebt! Wahrscheinlich kommt mir die Auffahrt kürzer vor, weil ich damit beschäftigt bin meine Finger irgendwie von dem klebrigen Batz zu befreien. Oben dann kurz gestoppt und Jacke an. Dann auf in die Abfahrt.“

dreilaender2Abschnitt 3 – Der Ofenpass

Nach rasanten Kilometern bergab, die teils auf Schotter verliefen und Micha, angesichts seiner eh schon ziemlich verschlissenen Reifen den Pannen-Angst-Schweiss auf die Stirn trieben, wartete nach einem kurzen kaum nenenswerten Flachstück die 2.Kletterpartie des Tages: Der Ofenpass, der bei sommerlichen Temperaturen seinem Namen wieder alle Ehre machte. Hier taten sich unsere zwei Protagonisten dann auch sichtlich schwerer.

Gerhard: „Die Auffahrt zum Ofenpass, mit nochmals 1000hm am Stück, fiel mir dann schon bedeutend schwerer und ich hatte Mühe den Anschluss an die vor und neben mir Fahrenden zu halten. Mein persönliches Ziel war so um ca. 12.00 Uhr oben am Ofenpass zu sein. Das ist mir mit der Zeit von 11.35 Uhr mehr als gelungen. Jetzt machte ich eine etwas längere Pause, um mich an der Labestation zu stärken und den Puls wieder nach unten zu bringen.“

Micha: „Wie schon beim Nove Colli hatte ich auch hier zur Rennmitte wieder eine Schwächephase. Eigentlich ist der Ofenpass ja nicht so schwer, aber da blieben wohl schon ein paar Körner am Stilfser liegen. Vor Beginn des Anstieges habe ich kurz an der Labestation gehalten, mich der Jacke entledigt und ein paar Kohlehydrate nachgeschoben. So liess ich den Halt am Gipfel aus und hab dann durchgezogen Richtung Norbertshöhe.“

dreilaender5Abschnitt 4 – Zwischen Ofenpass und Norbertshöhe

Dieser Teilabschnitt von Zernez über Scuol nach Martina an den Fuß der Norbertshöhe geht zwar hauptsächlich Engadin- und damit Innabwärts, ist aber mit einigen Gegensteigungen zwar schön, aber unangenehm zu fahren. Somit hatten auch unsere Recken zu kämpfen.

Gerhard: „Etwas unterschätzt habe ich die Abfahrt und die anschliessenden 60km bis zur Grenze nach Österreich und zur finalen Steigung zur Norbertshöhe. Ich musste hier ein paar mal abreissen lassen, was auch an der schlechten Zusammenarbeit in den Gruppen lag. Es waren einfach zu wenige bereit auch mal Führungsarbeit zu leisten.“

Micha: „Mir ging es ähnlich. Auch ich konnte meine Gruppe, die sich nach der Abfahrt gebildet hatte nicht halten. Ich war allerdings auch nicht mehr in der Lage das Tempo vorn zu machen. Allein auf weiter Flur war es schon hart die Motivation zu halten. Immer wieder ging der Blick nach hinten, ob nicht doch jemand aufholt, mit dem man zusammenarbeiten könnte. Aber Pustekuchen. Erst kurz vor der Norbertshöhe bildete sich wieder ein kleiner Pulk, zumindest für ein paar Kilometer.“

dreilaender4Abschnitt 5 – Finale an der Norbertshöhe

An der letzten Labestation gönnte sich beide unabhängig von einander etwas Cola und einen Balisto-Riegel, als Treibstoff für das Finale mit 6,5km, 7-8% Steigung, 11 beschrifteten Kehren und den letzten 426 Höhenmetern. Nun wurden die letzten Kraftreserven mobilisiert.

Gerhard: „Der Unterzucker liess grüßen. Ob es am Zucker oder an der Aussicht, das Ziel zu erreichen, lag, weiss ich nicht, aber mir ist es an der Norbertshöhe schon viel schlechter gegangen.“

Micha: „Der letzte Anstieg fiel dann verhältnismäßig leicht und ich konnte noch den ein oder anderen Platz gutmachen. Leider war spätestens hier klar, dass das Ziel 7 Stunden nicht zu verwirklichen war.“

Fazit:

Gerhard: „Ich bin mit dem gesamten Wochenende und mit meiner Leistung sehr zufrieden, denn wir müssen alle mal lernen das Geschwindigkeit, Wettbewerb und Sieg nicht alles ist, wenn wir unser Rad nicht mit Mitte 30 einmotten wollen. Schade aber nicht entscheidend war, das ich die 8 Stunden-Marke um ein paar Minuten verpasst habe.“

Micha: „Sagen wir so. Vielleicht wäre bisserl mehr drin gewesen, aber wer will sich denn beklagen, wenn statt der vorhergesagten 10° und Regen den ganzen Tag bombastisch die Sonne scheint. Das Stilfser Joch war die Reise definitiv wert.“

kurz zusammengefasst:

    • Streckenlänge: 168 km
    • Höhenmeter: 3300m
    • max.Steigung: 15%
    • Micha:
    • Durchschnittsgeschwindigkeit: 22,7 km/h
    • offizielle Fahrzeit: 7h:25min:53sec
    • Transponder Zeit: 7h:23min:55sec
    • Platz 219 von 379 (Altersklasse)
    • Platz 442 von 931 (Gesamt)
    • Gerhard:
    • Durchschnittsgeschwindigkeit: 20,8 km/h
    • offizielle Fahrzeit: 8h:04min:29sec
    • Transponder Zeit: 8h:02min:30sec
    • Platz 292 von 379 (Altersklasse)
    • Platz 642 von 931 (Gesamt)