Highlander Radmarathon

Revanche am Limit

Hohenems:
Seit 24 Monaten schon blickte Micha auf den leeren Haken, neben dem die Medaillen des Velothon Berlin, der Velonale München, des Nove Colli und anderer Radgrossveranstaltungen hängen. Eigentlich sollte dort die Plakette des Highlanders 2016 baumeln. Doch da es damals, aufgrund einer Streckensperrung durch einen Motorradunfall am Faschinajoch, zu einer Verkürzung kam und Micha das Faschina- und Furkajoch auslassen musste, kam es selbstredend nicht in Frage die anno 2016 erhaltene Medaille dort aufzuhängen und obwohl er aufgrund der vielen Tunnels eigentlich Abstand von einer erneuten Teilnahme genommen hatte, war halt dennoch eine Rechnung offen. Die musste natürlich beglichen werden…

Nach den wohl bisher schlechtesten Nudeln auf der Pasta-Party am Vorabend und einer begrenzt bequemen Übernachtung im Auto, stand Micha pünktlich kurz vor 6 Uhr am Start.
Micha: „Gut, die Nudeln waren kostenlos, aber das war schon fast ne Frechheit. Gut dass ich mit ausreichend Proviant angereist war. Ich hatte am Vorabend und am Start eigentlich auch ein ganz gutes Gefühl. Manfred, den ich am Vorabend kennenlernte, erzählte mir vom Thüringerberg auf der kurzfristig geänderten Route, den er selbst „Radlergrill“ nannte. Bei Sonnenschein und heissen Temperaturen sollte dieser Anstieg eben genau das sein und so ein Wetter war ja auch vorhergesagt. Und ich wurde gegrillt…“

Schon zu Beginn wurde Richtung Dornbirn richtig Tempo gemacht. Da liess es Micha, bei knackig kalten Temperaturen noch einigermassen ruhig angehen. Den ersten Anstieg aufs Bödele ging er eher konservativ an und orientierte sich am Tempo seiner Nebenleute. Darauf folgte der lange fast flache Abschnitt bis zum Beginn des Hochtannbergpasses. Diesen Streckenteil hatte er mittlerweile hassen gelernt. Wie schon beim Highlander vor 2 Jahren oder beim Tannheimer Tal Radmarathon verlor er wiedermal seine Gruppe.
Micha: „In der Ebene fällt es mir einfach wahnsinnig schwer die Pace zu halten. Gut, dachte ich, dann warte ich bis mich die nächste einholt. Nur dauerte das gefühlt eine Ewigkeit und allein im Wind fiel die Zahl auf dem Tacho rapide ab.“

Am Hochtannbergpass dann bermerkte er schon, dass es nicht so lief wie erwartet. Zwar hatte er ja nicht erwartet alle in Grund und Boden zu  fahren, aber im Allgemeinen kann er am Berg den ein oder anderen schonmal überholen. Diesmal aber schaffte er es nur das Tempo der anderen zu halten und so weit vorn im Feld befand er sich ja nun auch wieder nicht, um es auf besseres Können der Anderen zu schieben. Zudem trieb ihm erstes anfängliches Krampfen im rechten Oberschenkel ein bißchen den Angstschweiss auf die Stirn.
„Krämpfe, so früh? Ich verbrachte alle folgenden Labestationen damit die Salzstangenvorräte zu plündern um genügend Salz aufzunehmen und es wurde wieder etwas besser“
  erklärte Micha im Ziel.
Der nächste „kleine“ Aufstieg zum Flexenpass wurde noch durch ziemlich starken Gegenwind erschwert und auf der Abfahrt flammte dann erneut seine Abneigung gegen Tunnels auf.
„Das macht einfach keinen Spass und ich finde es viel zu gefährlich!“
brachte es Micha auf den Punkt.

Am „Radlergrill“, dem Thüringerberg, bei dem auf etwa 4km über 400 Höhenmeter zu erklimmen waren, fiel ihm recht schnell ein, dass er die Sonnencreme vergessen hatte. Der Feuerball am Himmel brannte erbarmungslos herunter. Auch stellte sich der Anstieg als unheimlich steil heraus. Grossteils zweistellige Prozentzahlen liessen die Vorfreude auf Faschina- und Furkajoch erlöschen.
Micha: „Die Tankanzeige in meinem Kopf blinkte schon wie eine Stroboskoplampe.“

Der vorletzte Gegner hiess Faschinajoch. Mehr als 700 Höhenmeter galt es zu erklimmen.
Micha: „Hier, genau hier wurde mir schlagartig klar, dass es heute nicht um irgendeine Zielzeit gehen würde, sondern einfach ums nackte Überleben, besser gesagt Ankommen.“
Die Sonne gab weiterhin Vollgas. Der Akku war bereits leer. Jede Pedalumdrehung kostete Überwindung.
Micha: „Da kommen dir dann so Gedanken an den möglichen erneuten Startplatz für den Ötztaler 2019 und du denkst: Wie soll das gehen? Das wären ja nochmal mehr Höhenmeter und Kilometer! Keine Chance, sowas mach ich nicht mehr.“
Erschwerend traten hier sicherlich die fehlenden Trainingskilometer zwischen Arlberggiro und Highlander zu Tage. Zeitlich stark eingespannt, reichte es nur zu einer 30km-Runde innerhalb der 2 Wochen. So konnte die gute Form natürlich nicht gehalten werden. Doch Aufgeben ist dennoch keine Option. Auch der letzten Fight am Furkajoch ging zu Gunsten von Micha aus. Kurz vor der Passhöhe passierte er noch einen schiebenden Teilnehmer. „Krämpfe! Da geht heut nix mehr“ war seine Aussage. Dies blieb Micha gottlob erspart. Wenn gleich er auch auf den letzten leicht ansteigenden Kilometer noch ein letztes Mal einen Gegner ziehen lassen musste und sich nicht einmal im Windschatten halten konnte.
Micha: „Nach einem Kreisverkehr konnte ich den Anschluss nicht mehr halten. Bin dann gefühlt wie eine Oma ins Ziel geschlichen. Mein Zielzeit war gefühlt schon einen halben Tag vorbei.“

Michas Fazit: „Die Veranstaltung ist eigentlich ganz nett, aber aufgrund der vielen Tunnels schließe ich eine Rückkehr kategorisch aus. Da gibt es eindeutig Schöneres. Von meiner Form war ich, um ehrlich zu sein, richtig schockiert. Ich hatte mir eindeutig mehr erwartet. War vielleicht einfach nicht mein Tag. ABER: Die Medaille hängt jetzt verdienterweise daheim am Haken!“kurz zusammengefasst:

Streckenlänge:180
Höhenmeter:
4000
max. Steigung:15 %
Durchschnittsgeschw.21,3 km/h
Fahrzeit (netto)8h:26min
offizielle Fahrzeit:8h:40min
Gesamtwertung:525. von 616
Wertung Altersklasse:328. von 375